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Begeisterung und Geisterspiele: Sieben Frankfurter beim Afrika-Cup

Geschrieben von honickel (admin) am 18.03.2009 um 16:42
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Von Stefan Fritschi

Frankfurt. Flaggen an den Fassaden, Fähnchen auf Autos, Trubel in den Innenstädten – diese Bilder sind noch vertraut. Vor 20 Monaten zog die Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland nicht nur eingefleischte Fans, sondern Millionen Interessierter in ihren Bann.

Ein kleines Deja-vu-Erlebnis hatten nun sieben Anhänger der Frankfurter Eintracht beim Afrika-Cup in Ghana, der am Sonntag mit dem sechsten Titelgewinn Ägyptens endete. „Es war eine sehr ausgelassene Stimmung. Überall waren Flaggen gehisst“, beschrieb der langjährige Eintracht-Fan Thomas Müller die Szenerie in den Straßen der Hauptstadt Accra, wo der Gastgeber seine Partien austrug.

Drei Siege in der Vorrunde, dann der knappe Erfolg im Viertelfinale über den Erzrivalen Nigeria mit Trainer Berti Vogts: Grund zu feiern hatten die Ghanaer genügend. Entsprechend groß war aber die Enttäuschung nach dem unglücklichen Knock-out im Halbfinale gegen Kamerun. Doch von Aggressionen keine Spur. „Ausschreitungen hat es nicht gegeben“, beobachtete Thomas Müller, als die ghanaische Fußballseele von den „unbezwingbaren Löwen“ jäh aus ihrem Glückszustand gerissen wurde. Nur „der ohrenbetäubende Lärm“ auf den Rängen, so der 39 Jahre alte Sozialpädagoge aus Bockenheim, sei abrupt verstummt.

Um bei diesem Match oder beim Finale zwischen Kamerun und Ägypten auf der Tribüne des Ohene Djan Stadium sitzen zu können, mussten die sieben Frankfurter bis zum Zwanzigfachen des Normalpreises bezahlen – sei es auf dem Schwarzmarkt oder bei einer Ticket-Agentur. Doch in finanzielle Nöte stürzte das die Crew um Stefan Schell nicht, den Fan-Club-Vorsitzenden der „Schwarzen Geier“: Der Höchstpreis belief sich umgerechnet auf 28 Euro. „Die Euphorie war größer als vor acht Jahren“, erinnerte sich Schell an die Afrikameisterschaft von 2000. Damals war Ghana neben Nigeria der Ausrichter. Viel hat sich seither in den Spielstätten in Accra und Kumasi jedoch nicht getan. „Die beiden großen Stadien wurden renoviert“, meinte der Rödelheimer. Solide Kampfbahnen, die mit modernen westeuropäischen Tempeln wie der Frankfurter Arena allerdings nicht zu vergleichen sind.

Doch nicht nur scheinbar grenzenlose Begeisterung erlebte der Frankfurter Tross zwischen Ende Januar und Anfang Februar in dem westafrikanischen Land. Wenn Ghanas Elitekicker pausierten, sank der Lärmpegel rapide – und das Preisniveau dazu. „Teilweise waren es fast schon Geisterspiele“, meinte Schell. Außer dem Endspiel und Ghanas Halbfinal-Niederlage sahen die Eintracht-Fans noch ein Viertelfinale und fünf Vorrundenpartie. In der Gruppenspielphase boten Schwarzhändler Tickets fast zum Normalpreis von rund drei Euro an – und man konnte sogar zwei Spiele dafür sehen.

Neben Accra und Kumasi reisten die Frankfurter noch nach Sekondi-Takoradi. Bis in den Norden, nach Tamale, reichte das Durchhaltevermögen nicht. Die Fahrten zu den Spielorten „waren schon anstrengend“, sagte Thomas Müller. Bis zu sechs Stunden dauerten die Touren. Wenn die Straße – vor allem in Ortschaften – nicht asphaltiert war, war nicht mehr als 30 km/h drin. Ein Sahara-Wind sorgte auf den teilweise nur einspurigen Pisten zudem für Staub – allerdings auch für ein wenig Abkühlung bei 25 bis 30 Grad. Erst in den letzten Tagen stieg die Luftfeuchtigkeit wieder, und das Thermometer ging in die Höhe. Und auch die Stimmung der Frankfurter bei ihrer außergewöhnlichen Reise: Via Handy und Internet bekamen sie die frohe Botschaft aus der Heimat serviert: 3:0 in Berlin, 2:1 gegen Bielefeld – das machte Laune. Da war es auch zu verschmerzen, dass nicht Ex-Eintracht-Torjäger Anthony Yeboah, sondern Reizfigur Lothar Matthäus beim Rückflug mit ihnen Frankfurt ansteuerte.

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